Luhmann Systemtheorie: Recht der Gesellschaft, S. 54, K. 02

Episode Nr.
13

Der Theorieansatz, dass soziale Systeme durch Kommunikation operieren, hat weittragende Konsequenzen. Gesellschaft ist demzufolge das umfassende System aller Kommunikationen. Was nicht Kommunikation ist, gehört nicht zur Gesellschaft, sondern zur Umwelt (z.B. physikalische und psychische Sachverhalte). Zudem verändert die Theorie das Verständnis vom Verhältnis zwischen Gesellschaft und Rechtssystem.

Als Subsystem operiert das Rechtssystem innerhalb der Gesellschaft. Gleichzeitig stellt die Gesellschaft eine Umwelt dar, denn außerhalb des Rechtssystems findet keine rechtsspezifische Kommunikation statt. D.h. das Verhältnis Recht/Gesellschaft ist nicht länger einstellig zu begreifen. Die Gesellschaft ist nicht einfach nur „die Umwelt“. Sie ist einerseits mehr, weil sie die eigene Kommunikation einschließt, und andererseits weniger, weil es auch noch eine (gemeinsame) Umwelt aus nicht-kommunikativen Sachverhalten gibt.

In den Vordergrund der Untersuchung, was Recht ist, tritt darum die Frage, welche spezifisch rechtlichen Merkmale die Kommunikation im Rechtssystem hat. Denn diese sind es, mit denen es sich von der Gesellschaft abgrenzt. Im Folgenden soll also rechtliche Kommunikation beobachtet werden. Der einzige Ausgangspunkt dafür ist die Tautologie „Recht ist Recht“. Was Recht ist, darf nicht durch Definition oder Grundsätze vorangestellt werden, denn es soll ja erst herausgefunden werden.

Anstatt also von einer irgendwie vorhandenen Identität des Rechts auszugehen, aus der man eine Differenz zur Gesellschaft ableiten könnte, dreht Luhmann das Verhältnis um: Die Differenz zwischen rechtlicher und gesellschaftlicher Kommunikation bildet logisch das Erste. Aus dieser Differenz leitet sich die Identität des Rechts ab.

Für die Rechtspraxis spielt die Tautologie keine Rolle. Im Alltag kann man sich jederzeit auf historisch gewachsenes Recht beziehen, ohne das Recht an sich legitimieren zu müssen.

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